Johann peter hebel kurzgeschichten

»Wißt auch Ihr nicht, wo hier der Bundestag einquartiert ist?« – »Lieber, guter Mann«, entgegnete der dritte, »hier ist kein Bundestag einquartiert. Ich habe nur noch wenig zu tun und komme bald, und bald wird's wieder Tag. – Was die Erde einmal wiedergegeben hat, wird sie zum zweitenmal auch nicht behalten«, sagte sie, als sie fortging und noch einmal umschaute.

– »Aber wer dem Vogel die Eier wieder unterlegen kann«, sagte jetzt der Frieder, »ohne daß es der Vogel merkt!« Da kletterte der Heiner den Baum hinan, aber der Frieder kletterte ihn nach, und während der Heiner dem Vogel langsam die Eier unterschob, ohne daß es der Vogel merkte, zog der Frieder dem Heiner langsam die Hosen ab, ohne daß es der Heiner merkte.

Achthundert der schönsten Häuser stürzten ein oder mußten niedergerissen werden. Aber es gehörte viel Zureden dazu, die Demut der frommen Magd zu ihrer Einwilligung zu bewegen.

Jetzt blieb sie noch ein Jahr bei ihrer bisherigen Gebieterin, aber nicht mehr als Kammermädchen, sondern als Freundin und Verwandte in dem reichen Haus mit vergoldetem Fenstergitter, und noch in dieser Zeit lernte sie die englische Sprache, die französische, das Klavierspielen: »Wenn wir in höchsten Nöten sein« usw., »Der Herr, der aller Enden« usw., »Auf dich, mein lieber Gott, ich traue« usw.

Ja, wenn die Sonne Wasser aufzieht, wie man zu sagen pflegt, sind ein Paar Tröpflein davon vielleicht auch dabei, und fallen irgendwo, in Bayern oder Lothringen, wieder aus einer Wasserwolke vom Himmel herab und erquicken ein Blümlein.

Eine Dienstmagd, jung und brav, auch hübsch, und ein Knecht gleicher Qualität dienten miteinander auf einem Edelhof und hätten nicht so gerne Kaffee getrunken oder alle Tage Braten gegessen als vielmehr einander geheiratet.

Fromme Herrschaft zieht frommes Gesinde. »Umkehren – wo die Kinder lassen? Von Stund' an lebte er so, daß in wenig Jahren sein eigenes Vermögen wieder in gutem Stande war und nach und nach alle seine Schulden bezahlt werden konnten. Aber als die Mitternacht im Kirchturm sich rührte und die Glocke zwölf schlug, eine Gewitterwolke zog über das Schloß weg, und die großen Regentropfen schlugen an die Fenster, da klopfte es dreimal stark an die Tür, und eine fürchterliche Gestalt, mit schwarzen schielenden Augen, mit einer halbellenlangen Nase, fletschenden Zähnen und einem Bocksbart, zottig am ganzen Leib, trat in das Gemach und brummte mit fürchterlicher Stimme: »Ich bin der Großherr Mephistopheles.

Die Gemeinde Boneschwyl mußte acht Mann stellen. Da sah man denn auch, wie es am Abend leicht anders werden kann, als es am frühen Morgen war, nicht nur mit einem schwachen Menschen, sondern auch mit einer großen volkreichen Stadt.

Zum Unglück brach auch noch eine Feuersbrunst aus, die bald an allen Orten wütete, und konnte fast nimmer gelöscht werden, weil viele Vorratshäuser voll Öl und Tran mit ergriffen wurden. Das Mädchen ist eines braven Mannes wert.« Nach drei Wochen aber sagte er: »Es ist mir nimmer wie vor drei Wochen.

Lange Kriegsfuhr

Dies ist die Geschichte, die dem Hausfreund vor einem Jahr ein unsichtbarer Freund geschenkt hat, und der Freund sagt, er kenne die Abkömmlinge des Wirts und die Sache sei ganz gewiß.

Im Dreißigjährigen Krieg, der Schwed' zog durch ein namhaftes Dorf im Wiesenkreis und in dem Dorf durchs Wirtshaus, und im Durchziehen durch den Hof blieb der Knecht des Wirts mit einem Wagen und vier Pferden an der Kolonne hängen.

Als aber ein Wort das andere gab und ihm der Pole schlicht und menschlich ihr Schicksal und seine Not erzählte – eins, dachte er, will ich ihm abnehmen – und es füllte sich immer wärmer in seinem Busen – ich will ihm zwei abnehmen, dachte er; und als sich endlich die Kinder um ihn anschmiegten, meinend, er sei der Herr Vetter, und anfingen, auf französisch zu weinen, denn der geneigte Leser wird auch schon bemerkt haben, daß die französischen Kinder anders weinen, und als der Herr Charles die Landesart erkannte, da rührte Gott sein Herz an, daß ihm ward wie einem Vater, wenn er die eigenen Kinder weinen und klagen sieht, und: »In Gottes Namen«, sagte er, »wenn's so ist, so will ich mich nicht entziehen«, und nahm die Kinder an.

Als sie aber in einer schrecklichen Kälte und Flucht und unter unsäglichen Leiden schon bis nach Wilna gekommen war, krank und aller Bedürfnisse und Bequemlichkeiten für eine so lange Reise entblößt, traf sie in Wilna einen edlen russischen Fürsten und klagte ihm ihre Not. Der edle Fürst schenkte ihr dreihundert Rubel, und als er erfuhr, daß sie in Petersburg einen Vetter habe, stellte er ihr frei, ob sie ihre Reise nach Frankreich fortsetzen oder ob sie mit einem Paß nach Petersburg umkehren wolle.

»Laßt Euch das Gehen nicht verdrießen«, rief er dem Müller zurück, »und wenn Ihr heimkommt, so richtet Eurer Frau einen Gruß aus von dem Zundelheiner!« Als er aber eine Viertelstunde nach Betzeit nach Brassenheim und an die Mühle kam und alle Räder klapperten, daß ihn niemand hörte, stieg er vor der Mühle ab, band dem Müller den Schimmel wieder an der Haustür an und setzte seinen Weg zu Fuß fort.

Denn die Strickreiter waren auf der Spur, und als die Frau des roten Dieters sagte: »Jetzt ist's einmal Zeit ins Bett«, kamen die Strickreiter von wegen des gestohlenen Rößleins und holten den Zundelheiner und den Zundelfrieder in den Turm und in das Zuchthaus.

Der Heiner und der Brassenheimer Müller

Eines Tages saß der Heiner ganz betrübt in einem Wirtshaus und dachte daran, wie ihn zuerst der rote Dieter und danach sein eigener Bruder verlassen haben und wie er jetzt allein ist.

Da gab es ein groß Gelächter, und die beiden anderen sagten: »Der Frieder ist der Meister.« Der rote Dieter aber sagte: »Ich sehe schon, mit euch kann ich's nicht zugleich tun, und wenn's einmal zu bösen Häusern geht und die Unrechte kommt über uns, so ist's mir nimmer Angst für euch, aber für mich.« Also ging er fort, wurde wieder ehrlich und lebte mit seiner Frau arbeitsam und häuslich.

Oder meint Ihr, ich sei so reich, daß ich fremde Kinder aufkaufe, oder so gottlos, daß ich mit ihnen handle?

Denn nicht jeder führte sich auf, wie es einem braven Soldaten in Feindesland wohl ansteht. Die Frau, als sie den Kaiser erkannte und die Goldstücke auf dem Tisch klingeln hörte, fiel ihm zu Füßen und war vor Freude und Schrecken und Dankbarkeit ganz außer sich, wie man ihr auf nebenstehender Abbildung wohl ansehen kann; und die Kinder schauen auch einander an und wissen nicht, was sie sagen sollen.

Denn der Dieter sagte: »Frau, ich bin hungrig, und was wir nicht beizeiten essen, holen die Schelme doch.« Als er sich aber in einen Winkel legte und ein wenig schlummerte, und die Frau kehrte mit der eisernen Gabel das Fleisch herum und schaute einmal nach der Seite, weil der Mann im Schlaf so seufzte, kam eine zugespitzte Stange langsam durch das Kamin herab, spießte das beste Stück im Kessel an und zog's herauf; und als der Mann im Schlaf immer ängstlicher winselte und die Frau immer emsiger nach ihm sah, kam die Stange zum zweitenmal und zum drittenmal; und als die Frau den Dieter weckte: »Mann, jetzt wollen wir anrichten«, da war der Kessel leer, und wär' ebenfalls kein so großes Feuer nötig gewesen zum Nachtkochen.

Der König von Holland setzte sogleich ein namhaftes Geschenk auf jeden Menschen, der noch lebendig gerettet werden konnte. Nur der Jockli hielt aus bergauf und -ab, durch dick und dünn.

Denn als man ihn auf dem Kirchhof ins Grab legte, sagte sie: »Schlafe nun wohl, noch einen Tag oder zehn im kühlen Hochzeitsbett, und laß dir die Zeit nicht lange werden. Fängt mich unterwegs der Schwed', so geht's zu bösen Häusern oder gar zu bösen Bäumen, und der Mund stand ihm voll Wasser, wenn er sah, wie die österreichischen Dukaten flogen und auf den Boden fielen, und niemand bückte sich danach.

Also schrieb er das Rezept und belehrte die Frau, in welcher Apotheke sie es schicken müsse, wenn das Kind heimkommt, und legte es auf den Tisch. Aber in der Nacht wurde er wieder vor das nämliche Gericht gebracht, und da mußte er an der Türe niederknien, und der Richter sprach: »Der Stab ist gebrochen über Euer Leben und Eure Sünden«, und kündete ihm an, daß er eine Stunde nach Mitternacht durch des Henkers Beil enthauptet und vom Leben zum Tod sollte gebracht werden.

Friede ernährt.